
Den Resistenzen auf der Spur
Anfang November stand die Evolutionsbiologie erneut auf dem Programm der Kieler Forschungswerkstatt. Gemeinsam mit dem Forschungszentrum Kiel Evolution Center (KEC) fand im life:labor der Projekttag „Den Resistenzen auf der Spur – Evolution von Krankheitserregern“ statt. An vier Terminen nahmen insgesamt rund 70 Schülerinnen und Schüler an dem Programm teil. Die Jugendlichen erfuhren, welche gravierenden Probleme behandlungsresistente Krankheitserreger für Patientinnen und Patienten, beispielsweise unter chronischen Lungenerkrankungen leiden, mit sich bringen. Gleichzeitig lernten sie, welche Strategien helfen können, Infektionen dennoch erfolgreich zu behandeln.
Jugendliche schlüpften am Projekttag in die Rolle von Ärztinnen und Ärzten
Im life:labor schlüpften die Jugendlichen in die Rolle von Ärztinnen und Ärzten, die einen Behandlungsplan für Mukoviszidose-Erkrankte erstellen müssen. Bei diesen Patientinnen und Patienten sind die geschwächten Lungen von bedrohlichen Infektionen betroffen. Um den Einstieg zu erleichtern, sahen die Schülerinnen und Schülern ein Video, in dem Dr. Ingrid Bobis vom Mukoviszidosezentrum für Erwachsene am UKSH Kiel die Behandlung von Erkrankten vorstellt. Darauf aufbauend informierten sie sich detailliert über diese chronische Lungenerkrankung und die besondere Gefahr, die dabei von antibiotikaresistenten Krankheitskeimen ausgeht.
Experimente mit Bakterien und verschiedenen Antibiotika-Präparaten
Anschließend experimentierten die Teilnehmenden in einem mikrobiologischen Methodenpraktikum selbständig mit Bakterien und verschiedenen Antibiotika-Präparaten und lernten deren Wirkungsweise. So erfuhren die Schülerinnen und Schüler einerseits, mit welchen medizinischen Strategien Infektionen behandelt werden können. Andererseits vermittelten ihnen die Experimente, dass die Evolution die treibende Kraft ist, wenn Krankheitskeime Behandlungsresistenzen entwickeln.


Abschlusdiskussion mit einem Doktoranden der Arbeitsgruppe Evolutionsökologie und Genetik
Anschließend diskutierte Leif Tüffers, der als Doktorand in der Arbeitsgruppe Evolutionsökologie und Genetik im Rahmen des KEC die Resistenzevolution von Krankheitserregern erforscht, mit den Jugendlichen über ihre Beobachtungen aus den Experimenten. „Unser Ziel war es, den Schülerinnen und Schülern mögliche neue Strategien der Antibiotikagabe aufzuzeigen, mit denen sich die Krankheitskeime überlisten lassen“, sagte Tüffers. Besonders vielversprechend seien dabei zwei Konzepte: Zum einen habe sich das sogenannte „Antibiotika-Cycling“ als vielversprechend erwiesen. Hierunter versteht man den schnellen Wechsel verschiedener Präparate. Zum anderen lasse sich das Phänomen der „Kollateralen Sensitivität“ effektiv ausnutzen, denn die Resistenzbildung eines Krankheitskeimes gegen ein bestimmtes Medikament kann den Erreger zugleich anfällig für einen anderen Wirkstoff machen. Diese Ansätze wolle man weiter erforschen und mittelfristig als Behandlungsalternativen in den medizinischen Alltag übertragen, so Tüffers weiter.

Positive Resonanz der Schülerinnen und Schüler
Dass sich das didaktische Konzept des life:labors bezahlt macht, zeigten die positiven Reaktionen der Jugendlichen: Für die 17-jährige Hanna Zander vom Gymnasium Kronshagen lohnte sich der Besuch in der Forschungswerkstatt. Sie fand es „sehr interessant, sich mit dem Problem der Antibiotika-Resistenzen auseinanderzusetzen“. Ihr Mitschüler, der ebenfalls 17-jährige Henrik Prestin sah sich durch die Erfahrungen aus dem Kurs bestätigt, denn in seiner Familie sei klar, dass Antibiotika nur zum Einsatz kommen dürfen, wenn es wirklich nötig sei.
Projekttag weckt Interesse der Jugendlichen am Thema Evolution
Kerstin Kremer, Professorin für Didaktik der Biologie am Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik (IPN), konzipierte das Kursangebot des life:labors gemeinsam mit dem KEC und der Kieler Forschungswerkstatt. Für sie ist die Sensibilisierung der Jugendlichen ein wichtiger Aspekt. „Wir möchten bereits früh Interesse für das Thema Evolution als zentraler Aspekt in Biologie und Medizin wecken. Durch die praktische Arbeit sollen die Jugendlichen selbst erfahren, dass Grundlagenwissen aus der Evolutionsbiologie auch auf medizinische Probleme anwendbar ist“, sagte Kremer.

Forschungsprojekt im KiSOC untersucht die Wirksamkeit der Wissensvermittlung
Eine Besonderheit in diesem Jahr: Der Kiel Science Outreach Campus (KiSOC) begleitete das Kursangebot des life:labors, um die Wirksamkeit der Wissensvermittlung wissenschaftlich zu überprüfen. Die Ergebnisse dieses Forschungsprojekts, das Martina Kapitza im Rahmen des KiSOC durchführt, sollen in die Entwicklung neuer Formen der Didaktik und der Wissenschaftskommunikation einfließen. Langfristig möchten die Organisatorinnen und Organisatoren so ihre speziell für Schulklassen konzipierten Formate wie das life:labor oder den Kieler Darwintag optimieren.
Alle Angebote des life:labors finden Sie hier.